Attacke mit Ansage, Kommentar zur Commerzbank von Bernd Neubacher

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Frankfurt (ots)

Da schau her: Während Commerzbank-Chef Martin Zielke in seiner Eigenschaft als frischgebackener Präsident des Bankenverbands eine Runde virtueller Antrittsbesuche absolviert hat, ist in der Frankfurter Konzernzentrale Feuer unterm Dach ausgebrochen. Dass die Beteiligungsgesellschaft Cerberus eine Revolte anzettelt, müsste Management und Aufsichtsrat allein nicht unbedingt in Angst und Schrecken versetzen – auch wenn ihr Anteil von gut 5 Prozent sie dazu berechtigt, eine außerordentliche Hauptversammlung zu beantragen, um dort ihre Forderung durchzusetzen, zwei eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat zu benennen. Der Vorstoß zeigt vor allem eines: wie groß der Gram sein muss bei der Private-Equity-Gesellschaft, die 2017 bei der Commerzbank und später bei der Deutschen Bank in der Hoffnung auf Kursgewinne und Einnahmen aus Restrukturierungsmandaten im Falle einer Großbankenfusion einstieg und damit bisher nur Geld versenkt hat.

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Dass Cerberus die jüngste Aktionärsversammlung vor wenigen Wochen verstreichen ließ, ohne zu intervenieren, und nun der Bank eine Frist von gerade einmal drei Tagen für eine Erwiderung setzt, lässt nicht auf strategische Weitsicht schließen. Brisant macht den Angriff aus New York City allerdings, dass ihm klammheimlicher Beifall in Frankfurt und Berlin sicher sein dürfte. Denn eine Commerzbank, die infolge schwindender Erträge und hoher Kosten kaum etwas abwirft, beschäftigt die Aufseher, da sie nicht krisenfest ist, und hält zugleich die Buchverluste für den Großaktionär Bund hoch, der sich bei Lufthansa gerade ins nächste Beteiligungsabenteuer stürzt.

Das Raunen der Unzufriedenheit ist stetig vernehmlicher geworden, seitdem Zielke im September eine seltsam inspirations- wie aspirationsarme Strategie für 2023 vorlegte, deren Umsetzung zudem umgehend ins Stocken geraten ist, wie der gescheiterte Verkauf der Tochter MBank zeigt. In der Analyse ist Cerberus denn auch zu keinem anderen Ergebnis gekommen als die vom Bund mandatierten Berater von BCG: Im Zinstief zahlt sich für die Bank, die derzeit auf ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von noch 18 Prozent kommt, kein Wachstumskurs aus, sondern vor allem Kostenfokus.

Die Bank hat dies lange nicht wahrhaben wollen, wie schon ihre fehlgeschlagenen Strategien für 2012 und 2016 zeigten. Nun kündigt sie für August „eine Weiterentwicklung“ ihrer erst im September ausgegebenen Marschroute an. Der Investorenattacke mit Ansage wird ein weiteres Restrukturierungsprogramm folgen. Ebenfalls mit Ansage.

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Börsen-Zeitung